Dr. Franz Graf-Stuhlhofer

Wissenschaft in Wien um 1500-40

Poetenkolleg

Verschiedene Indizien weisen darauf hin, daß das von Celtis 1501 gegründete Collegium poetarum auch nach seinem Tod weiterbestand:

Das Weiterbestehen des Wiener Poetenkollegs nach dem Tod Konrad Celtis’ (1508).
Eine humanistische Pioniereinrichtung und ihr Wirkungsumfeld.

In: Zs. für Historische Forschung. Vierteljahresheft zur Erforschung des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit 26 (1999) 393-407.

Lateinische Dichterschule.
Das Collegium poetarum des Konrad Celtis von 1501 bis 1537.

In: Grazer Beiträge. Zs. für die Klassische Altertumswissenschaft 22 (1998) 211-214.

Vadian als Lehrer am Wiener Poetenkolleg.
In: Zwingliana. Beiträge zur Geschichte Zwinglis, der Reformation und des Protestantismus in der Schweiz 26 (1999) 93-98.

(Der Weiterbestand dieses Poetenkollegs wird auch durch die Forschungsergebnisse von Kurt Mühlberger bestätigt.)

Forschungsrückschritte

Ein Studium der Quellen sowie der Sekundärliteratur dazu zeigt eine beunruhigende Situation:

Zu den Hofastronomen Kaiser Maximilians.
Über das jahrzehntelange Fortwirken historischer Irrtümer.

In: Bibliothèque d’humanisme et renaissance 60 (1998) 413-419.

Zusammenfassung: In der Umgebung Kaiser Maximilians gab es mehrere Astronomen, die im allgemeinen gleichzeitig auch Astrologen waren. Bei der Erforschung ihres Wirkens zeigt sich, daß eine Reihe von historischen Irrtümern über Jahrzehnte weitergeschleppt wurden. Besonders beunruhigend ist, daß, nachdem manchmal ein bestimmter Sachverhalt ursprünglich in quellengestützter Weise in historischer Literatur beschrieben wurde, durch einen späteren Historiker ein Fehler aufkam, der sich durch Abschreiben verfestigte und bis in die Gegenwart nachwirkt. Ein solcher Vorgang betrifft kaum zentrale Themen der Geschichte, sondern eher solche Sachverhalte, die nur gelegentlich ins Blickfeld eines Historikers geraten. Hier soll dieser Vorgang anhand dreier Themen veranschaulicht werden: 1. Der Urheber der astrologischen Vorhersage des Todeszeitpunktes Kaiser Maximilians. 2. Das Todesjahr Tannstetters, des Leibarztes Maximilians und Ferdinands. 3. Die 1514 erfolgte Edition von astronomischen Tabellen mit einem Wiener Mathematikerkatalog.

Georg Tannstetter

Über Tannstetter verfasste ich 1980 meine Doktorarbeit; später überarbeitete und publizierte ich sie (unterstützt vom damaligen Direktor des Wiener Universitätsarchivs, Kurt Mühlberger). Der Buchtitel drückte die Verbindung universitärer Forschung mit höfischen Belangen aus. Ein Beispiel dafür war der Vorschlag zur Korrektur des Kalenders, den Tannstetter ca. 1515 gemeinsam mit Andreas Stiborius herausbrachte (aufgefordert wurden sie dazu von Kaiser Maximilian I., Papst Leo X. forderte derartige Vorschläge an):

Humanismus zwischen Hof und Universität.
Georg Tannstetter (Collimitius)
und sein wissenschaftliches Umfeld im Wien des frühen 16. Jahrhunderts

(= Schriftenreihe des Universitätsarchivs; 8). Wien 1996 (212 S., € 19,-).

(Siehe Auszüge aus Rezensionen.)
Im Personenregister ab S.187 ist ein Fehler unterlaufen: Zu den dort genannten Seitenzahlen sind jeweils 2 zu addieren. (Wenn dort also z.B. S.100 genannt ist, befindet sich der betreffende Name auf S.102.)

In seiner Argumentation gegen die Überschwemmungsbefürchtungen für 1524 zeigte sich Tannstetter als „empirischer Astrologe":

Georg Tannstetter, pioneer of empiricism in astrology.
In: Astro-Psychological Problems. The Schneider-Gauquelin Research Journal 4 (1982) No.3, S.33f.

Als Lexikon-Artikel im Rahmen des Humanismusgeschichte:

Tannstetter (Collimitius), Georg (Jergen).
In: Deutscher Humanismus 1480-1520. Verfasserlexikon, Bd.2, hg. von Franz Josef Worstbrock, Berlin 2009-13, Sp.1037-52.


Und im Rahmen der Kirchengeschichte:

Georg Tannstetter.
In: Biographisch-Bibliographisches Kirchen-Lexikon, Bd.XXIX (2008) Sp.1417-19.

Als Aufsatz:

Georg Tannstetter (Collimitius). Astronom, Astrologe und Leibarzt bei Maximilian I. und Ferdinand I.
In: Jb. des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 37 (1981) 7-49.

Und eine populärwissenschaftliche Fassung:

Georg Tannstetter (Collimitius).
1482-1535. Astronom und Mathematiker.

In: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben 13 (1986) 18-33.