Wissenschaftsmessung
Wissenschaftsgeschichte kann im Hinblick auf Fragen der Wissenschaftsforschung ausgewertet werden. Der Miteinbezug der Statistik führt dann zum Gebiet "quantitativ-historische Wissenschaftsforschung". Anstelle von Wissenschaftsmessung wird meist von Szientometrie (scientometrics) gesprochen.Frauenforschung
Eine wichtige Frage im Bereich Feminismus/Frauenforschung/Geschlechterforschung ist die nach der tatsächlichen Benachteiligung von Frauen, z.B. im Wissenschaftsbetrieb. In meinen eigenen Untersuchungen konzentrierte ich mich auf eine sorgfältige Bestandsaufnahme: Wie groß ist der Frauen-Anteil im Wissenschaftsbetrieb, insbesondere innerhalb der Geschichtswissenschaften? Die folgende Frage nach den Ursachen eines niedrigen Anteils kann etwa an Wendepunkten ansetzen, an solchen Zeitpunkten also, zu denen es ein deutliches Ansteigen bzw. ein Abflachen des Anstiegs gab.
Der Anteil der Historikerinnen an der Forschung. Zur Publikation von Artikeln in deutsch- sowie englischsprachigen Zeitschriften.
In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 43 (1995) 535-546.
Referiert in der FAZ vom 27. Sept. 1995, S.N5.
Inhalt: Der aktuelle Anteil an von Historikerinnen verfaßten deutschen Zeitschriftenartikeln beträgt etwa 10 %, an englischen etwa 20 %. Die Unterschiede zwischen einzelnen Zeitschriften sind aber beträchtlich, so daß sich die Frage stellt, ob der jeweilige Anteil irgendwie mit der Politik der Herausgeber zusammenhängt. Vom jeweiligen historischen Fachgebiet scheint der weibliche Anteil kaum abzuhängen.
Historikerinnen in der Nachkriegszeit. Der weibliche Anteil an deutschsprachigen Habilitierten.
In: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 15 (1995) 227-234.
Inhalt: Den höchsten weiblichen Anteil unter den historischen Disziplinen gibt es überraschenderweise in der Naturwissenschafts- und Medizingeschichte (gefolgt von Archäologie und Kunstgeschichte). - Eine Reihe von Disziplinen (nämlich Alte & Altorientalische G., Mittlere G., Neuere G., Neueste G., Landes- und Heimatg., Rechtsg.) zeigt von 1980 bis 1987 eine leichte Abnahme im Frauen-Anteil.
Stagnation. Zum Anteil habilitierter Historikerinnen gemäß dem Kürschner 1996.
In: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 17 (1997) 193-197.9 % Frauen unter den habilitierten Historikern (gemäß Kürschner 2001).
In: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 20 (2000) 275-277.
Lebensalter und Kreativität
Diese Untersuchung beschäftigt sich mit der – in der Forschung mit dem Werk von Harvey C. Lehman verbundenen – These einer Dominanz des Jung-Entdeckertums. Um die aus der Betrachtung des Erfolgs-Alters großer Entdecker jeweils resultierende Häufigkeitskurve numerisch treffend beschreiben zu können, schlage ich eine Kombination von drei Maßzahlen vor: Als Maßzahl der Streuung den Minimum-Zeitraum für die Hälfte der Entdeckungen, als Maßzahlen der Lage den Median (in der Mitte liegendes Entdeckungs-Alter) sowie das obere Dezil (Alter am Beginn des letzten Zehntels der Entdeckungen). Außerdem schlage ich vor, das (Mindest-)„Niveau“ der z.B. in einer Zeittafel ausgewählten Entdeckungen durch die Angabe von deren Zahl innerhalb einer bestimmten Disziplin während des 19.Jhs. zu charakterisieren. Wenn es sich dabei um etwa 30 Entdeckungen handelt, liegt ein hohes Niveau zugrunde, wenn um 200, dann ein mittleres Niveau – diese Zahl ergibt sich ungefähr auch bei der Auswertung der Nobelpreise.Lebensalter und naturwissenschaftliche Kreativität.
Zum Jung-Entdeckertum in Physik, Chemie und Mathematik
In: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 28 (2011) 143-175.
Wissensvermehrung
Dieses Thema ist hier nicht individuell gemeint - was zur Lernpsychologie gehören würde, sondern kollektiv; somit betrifft es den Wissenschaftsbetrieb.
Unser Wissen verdoppelt sich alle 100 Jahre. Grundlegung einer 'Wissensmessung'.
In: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 6 (1983) 169-193.
Inhalt: Die jeweilige Vorstellung von der Geschwindigkeit der Zunahme wissenschaftlicher Erkenntnis - bekannt ist das Schlagwort von einer Verdoppelung unseres Wissens pro Jahrzehnt - hat Auswirkungen auf unsere Einschätzung der Bedeutung von ‘Geschichte'.
(Auf diese Untersuchung verweist ein „Biographisches Lexikon'' schon im Vorwort.)
Die in chronologischer Reihenfolge fortschreitende Betrachtung wichtiger Naturforscher bzw. naturwissenschaftlicher Entdeckungen, wie sie in neuerer Literatur zusammengestellt werden, kann auf Wende- bzw. Tiefpunkte der Entwicklung aufmerksam machen: Es gab einen Anstieg um 1500 und einen Tiefpunkt um 1700. - Doch vielleicht sagt eine solche Untersuchung weniger über die Vergangenheit selbst als darüber, wie diese von der Geschichtsforschung gesehen wird.
Strukturen der wissenschaftlichen Betätigung und das zeitlich exponentielle Wachstum der neuzeitlichen Naturwissenschaft.
In: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 3 (1980) 115-126.
Inhalt: Die Zahl der um 1800 bekannten Tier- und Pflanzenarten beträgt weniger als ein Zehntel der heute bekannten. Für die Entdeckung der chem. Elemente war die Zeit vom Ende des 18. bis zum Anfang des 20.Jahrhunderts die ‘Hauptzeit’. Der Wissenszuwachs verläuft also unterschiedlich schnell, doch jedenfalls wird schon aus solchen Andeutungen die Bedeutung von 19. und 20.Jahrhundert deutlich. - Eine Untersuchung der Lebenslänge bekannter Naturforscher der Neuzeit zeigt, daß sie im Durchschnitt pro Jahrhundert um etwas mehr als 3 Jahre zugenommen hat: sie betrug um 1500 etwa 62 Jahre, um 1900 etwa 75 Jahre.
Does the rate of growth of our knowledge depend on the quality-level considered?
In: Czechoslovak Journal of Physics 36 (1986) 154-156.
Inhalt: Die Entwicklung der neuzeitlichen Naturwissenschaft darstellende Werke wählen umso mehr Forscher und Ereignisse aus, je näher sie an die Gegenwart herankommen. Diese Zunahme ist bei verschiedenen Werken ähnlich, sie hängt nicht vom Gesamtumfang des jeweiligen Werkes ab.
Auswählen seitens der Historiker
Jede Geschichtsschreibung stellt gleichzeitig auch eine Auswahl dar. Die gesamte Naturwissenschaftsgeschichte umfassende Bücher wählen bei der Darstellung des 20.Jahrhunderts pro ungefähr 300 Forschern einen einzigen aus:
Bewertung durch Auswahl. Wieviel wählt der Wissenschaftshistoriker aus, wieviel übergeht er?
In: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 18 (1995) 227-231.
Welchen Einfluß auf die Auswahl hat die Nationalität des Historikers?
Überbewertung der eigenen Nation? Der Anteil der eigenen Landsleute an naturwissenschaftshistorischen Lexika.
In: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 18 (1995) 131-133.
Inhalt: Eine Betrachtung von deutschen, britischen und französischen naturwissenschaftshistorischen Büchern zeigt im Hinblick auf die Verteilung der Forscher dieser drei Nationen folgendes: Mehr als die Hälfte der ausgewählten Forscher gehören jeweils zur eigenen Nation, d.h. zur Nation des Naturwissenschaftshistorikers. Die Lexika von Fritz Krafft (Große Naturwissenschaftler. ²1986) und Ilse Jahn u.a. (Geschichte der Biologie. ... Kurzbiographien. 1982) widmen mehr als 60 % ihrer Artikel deutschen Forschern, Trevor Illtyd Williams (A Biographical Dictionary of Scientists. 1969) ca. 50 % britischen und Maurice Daumas (Histoire de la Science. 1957, gemäß dem Register) ca. 50 % französischen Forschern.
Nobelpreise
Wirken nationale Gesichtspunkte mit bei der Verleihung der Nobelpreise?
In: Mitteilungen der Österreichischen Ges. für Geschichte der Naturwissenschaften 6 (1986) 1-10;
kurzgefaßt auch in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 10 (1987) 114-116.
Methode: Bei einer Betrachtung der Vorschläge für die Nobelpreise in Physik und Chemie 1901-29 können wir die Anteile der von einer Nation auf sich selbst entfallenden Vorschläge mit dem Anteil der von anderen Nationen auf diese eine Nation entfallenden Vorschläge vergleichen; je nach dem Ergebnis dieses Vergleiches können wir gegebenenfalls das Mitwirken nationaler Motive vermuten.
Inhalt: Die deutschen Forscher lassen bei ihren Vorschlägen am wenigsten eine nationale Präferenz erkennen. Der Ausbruch des 1.Weltkrieges brachte in der "nationalen Selbst-Überbetonung" keine eindeutige Verstärkung, abgesehen von einem überdeutlichen Anstieg bei italienischen Forschern.